Dieses Projekt wird gefördert durch:
Ökohaus
Das Ökohaus ist ein idealer Ort, um Tagungen, Seminare, Klausuren oder auch eine Geburtstagsfeier durchzuführen. Auch Jugendgruppen oder Schulklassen finden hier einen geeignete Stätte, um kleine Events oder Projektwochen zu absolvieren.
Das Ökohaus bietet alles, was man für kleine Gruppe benötigt und außerdem eine ruhige und naturverbundene Umgebung.
Außerdem finden Sie in der 3. Etage die MitarbeiterInnen des Zeltplatzes.
Wenn Sie Interesse haben, sich das Ökohaus näher anzusehen oder für eine Veranstaltung mieten zu wollen, nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf.
Ein Text von Cornelia Heller.
Alles öko.
Als der Wald sich lichtet, rollt sich saftig grünes Gras wie ein Teppich aus. Sonnenschein flutet über den kleinen Zeltplatz. Er ist kein Campingplatz im bekannten Sinne mit Autos, Anhängern, Caravans. Der Zeltplatz im sachsen-anhaltischen Friedensau steht – ganz dem erst 120 Jahre jungen Namen verpflichtet – für Ruhe und Frieden, für das Einfache und Ursprüngliche, für den Respekt vor Natur und Umwelt. Es sind Tugenden, wie sie der Pfadfinderjugend der Siebenten-Tags-Adventisten vermittelt werden. Rund 15.000 (!) Kinder, Jugendliche, Rad- und Wandertouristen übernachten alljährlich hierher, Träger ist die Adventjugend Jerichower Land, seit 2017 Zeltplatz Friedensau gGmbH. Dass man sich an diesem Ort ein Ökohaus als Treff für die Gemeinschaft baute, verwundert daher wenig. Mehr seine Herkunft. Denn das Haus stammt aus München. Es wurde dort im Jahr 2000 ab- und 2001 in Friedensau wiederaufgebaut. Das Stadtkind zog aufs Land.
Man könnte meinen, es sei eine Orangerie oder ein Gewächshaus für exotische Pflanzen, das da am Rande des Zeltplatzes steht. Glas dominiert die Südfassade. Schmale vertikale Rahmen fassen unzählige Fenster unterschiedlicher Formate, sie bilden in wohlbedachter Ordnung einen vorgesetzten, zwei Geschoss hohen Wintergarten mit offener Galerie. Oben lugt ein nach beiden Seiten schräg bedachtes drittes Geschoss hervor. Das ist introvertierter ausgebildet. So wie auch die gestaffelten Ost- und Westseiten, deren Einladung an das Hereinfließen von Licht und Sonne kontinuierlich abnimmt, um schließlich das Gebäude nach Norden komplett abzuschotten.
Bei genauerer Betrachtung scheint der Bau entlang einer Spiegelachse aus einem Hügel herauszuwachsen. Der ist üppig begrünt, der Erdboden von abgetreppten Trockenmauern gehalten. Was nicht aus Glas ist, ist aus Holz, außen in blassem, sich wechselndem Weiß und Blau gestrichen. Im Innern entdeckt der Betrachter die offen liegende Holzskelettkonstruktion, erfreut sich an unverbraucht wirkenden Materialien wie den unkaputtbaren niederbayerischen Klinkern im Erdgeschoss oder den Spuren liebevollen Gebrauchs in der originalen Einbauküche. Im ersten Obergeschoss führt noch immer die gläserne Brücke über den Luftraum des Wintergartens. Alles atmet Helligkeit und Weite. Das Klima ist phantastisch. Und warm ist es auch.
Sabine Schorcht führt durch die großen wie kleinen Räume, die Rahmen für Geselligkeit, Teamzusammenkünfte und Seminare sind. Sie leitet seit 1998 den Zeltplatz. Sie kennt das Haus und seine Geschichte, die in München begann. „Wir haben uns damals unglaublich gefreut und sind froh, dass wir das Haus zu uns holen durften.“ Aber ob man es ein zweites Mal tun würde, lässt sie lächelnd offen. Sie war dabei, als das „Öko-Partner-Haus“ als Puzzle seinen Weg antrat. Es in Sachsen-Anhalt wiederaufzubauen, gestaltete sich jedoch weitaus schwieriger als gedacht. „Denn Baurecht ist Landesrecht. Und was vor zehn Jahren in Bayern galt, ging hier eben nicht. Die hohen Genehmigungsauflagen, insbesondere an den Brandschutz eines Holzbaus, hätten das Projekt finanziell fast an den Rand des Machbaren gebracht.“ Schließlich gelang der Coup mit Hilfe verschiedener Geldgeber, auch der öffentlichen Hand, mit Unterstützung vom Arbeitsamt mit ABM-Kräften und zuletzt durch Lotto-Toto. Aber was genau ist das für ein Haus, das da in seine Einzelteile zerlegt in Friedensau ankam?
Knapp zehn Jahre lang hatte das vom ALTOP-Verlag initiierte Ausstellungs- und Infozentrum „Öko-Partner-Haus“ ÖPH rund eine halbe Million Besucher auf Münchens alter Messe empfangen, hatte als Exponat seiner selbst für umweltfreundliches, ökologisches und praktikables Bauen und Wohnen geworben und Menschen zu einem besseren Bauen im Einklang mit Natur und Umwelt inspiriert. Es galt, so ALTOP, als das „erste ökologische Musterhaus in Europa“ und entwickelte sich über die Jahre zu einer „ökologischen Institution“. Sein Bau war die Umsetzung der ehrgeizigen Idee der ALTOP-Geschäftsführer Paul Wirkus und Fritz Lietsch, die beide seit 1984 und jährlich das alternative Branchenbuch „ECO-World“ herausgaben. In ihm versammelten sich Adressen und Telefonnummern von Anbietern ökologischer und nachhaltiger Produkte und Leistungen. Unter Schirmherrschaft der Stadt München gelang es den beiden, für „eines der größten Umweltsponsoring-Projekte Europas“ 138 Partner und Finanziers zu begeistern. Seine Eröffnung im Juli 1991 war eine kleine Sensation. (Dass sie mit einer Schlägerei unter Teilen der Gäste endete, sei nur als Randnotiz vermerkt.) Am Ende steckte eine Menge Know-how und Geld in dem rund vier Millionen DM teuren Öko-Partner-Haus. Auch das des Münchner Architekten Moritz Hauser.
Hauser, der bereits während seines Studiums zum Erstaunen seiner Professoren gemeinsam mit Martin Hirner ein Planungsbüro gegründet, 1984 eine erste Baustelle abgewickelt und darüber hinaus eine Zimmerei eröffnet hatte, konnte hier seine Ideen von einem zeitgemäßen, der Natur und Umwelt verpflichteten Projekt in die Realität umsetzen: „Alles war öko. Neben passiver Sonnenenergienutzung wurde mit thermischen Sonnenkollektoren für Warmwasser und Heizung sowie mit einer hochinnovativen Photovoltaikanlage für Strom gesorgt, wobei mindestens 40 Prozent der Heizenergie und 80 Prozent der Wassererwärmung in Eigenleistung erzeugt wurden. Wir wählten für das Projekt ein Niedertemperatur-Wandflächen-System, funktional einer Fußbodenheizung ähnlich.“
Für die Dämmung verwendete der Architekt ein damals neuartiges Produkt: Zellulose. Kennt heute jeder. Damals jedoch steckte seine Herstellung im großen Maßstab noch in den Kinderschuhen. Zudem nutzte man die dämmende Einbettung des Gebäudes ins Erdreich. Porenbeton und 14 Zentimeter Zellulose schirmten das Haus hier nach Norden ab. Dazu hochdämmende, nach außen sich öffnende Fenster mit dem besten verfügbaren Isolierglas und funktionalster Minimaltechnik. Heimische Hölzer als Baustoff für Wände, Böden, Möbel der Hauserschen Zimmerei „Handwerks- und Planungsteam“. Außerdem Naturfarben. Und Dachbegrünung: Gras auf Naturkautschukabdichtung lebte das wichtige Prinzip: Gib der Umwelt die verbrauchte Fläche zurück.
Hauser: „Wir haben uns beim Bau am sogenannten PEI, Primärenergieinhalt, orientiert. PEI beschreibt den zum Bau aufgewendeten Energieverbrauch, der in ihm steckt. Ergo haben wir nur möglichst energieextensive Baustoffe verwendet. Das hat gut funktioniert.“ Prinzipiell ging es auch darum, „sich bewusst gegen eine unzeitgemäße, gemütliche ‚Blockhausromantik‘ zu wenden und einen anspruchsvoll gestalteten Holzbau mit alternativen Energiesystemen zu bieten“.
Als im September 1999 das Projekt auslief und das Ausstellungsgelände in München samt seinem Bauzentrum schloss, war die Zukunft des Öko-Partner-Hauses unklar. Es sollte wie die anderen Musterhäuser abgerissen werden. Das war aber nicht im Sinne des nachhaltig denkenden ALTOP-Verlags. So wurden „Adoptiveltern“ für eine Gebäude gesucht, das „für über eine halbe Million Mark ab- und an seinem neuen Einsatzort wiederaufgebaut“ werden sollte. Den Zuschlag erhielt schließlich die Adventjugend im Osten. Und so zog das Stadtkind aufs Land.